Offener Brief: Es braucht einheitliche Richtlinien für die vorschulische Kinderbetreuung

Von: Natascha Wey, Katharina Prelicz Huber

Der Bund kommt seiner Verantwortung nicht nach und gefährdet damit eine mühsam und mit vielen Franken aufgebaute Struktur der vorschulischen Kinderbetreuung.

AM 31.3.2020 wandten wir uns an mit einem offenen Brief an die Konferenz der Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren SODK und das Bundesamt für Sozialversicherungen.

An die Konferenz der Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren SODK, Generalsekretariat
Bundesamt für Sozialversicherungen, Herrn St. Rossini


Offener Brief

Es braucht einheitliche Richtlinien für die vorschulische Kinderbetreuung
Sehr geehrte Damen und Herren Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren,
Sehr geehrte Frau Generalsekretärin Szöllösy
Sehr geehrter Herr Direktor Rossini,

Täglich erreichen uns Anfragen von Mitarbeitenden oder Inhaberinnen von Kitas, die angesichts der aktuell unterschiedlichen Regelungen in der vorschulischen Kinderbetreuung in den Kantonen verunsichert sind. Der Bundesrat hat in der COVID-19 Verordnung 2 Art. 5 Abs 3 und 4 die Kantone dazu verpflichtet, ein Betreuungsangebot aufrecht zu erhalten für Kinder, die nicht privat betreut werden können, er sagt jedoch wenig bis nichts über die Umsetzung dieser Betreuung und auch nicht über die Finanzierung. Die Umsetzung überlässt er den Kantonen.


Dieser Zustand dauert nun bereits drei Wochen. Statt einheitlicher Regelungen setzen die Kantone die Vorgaben uneinheitlich um – mit unklaren Kostenfolgen für Eltern und Kitas. Es gibt Kantone, welche die Krippen ganz geschlossen haben, jedoch eine Notbetreuung zur Verfügung stellen (z.B. Basel-Stadt, Fribourg, Genf, Solothurn u.a.), andere ändern nichts am bestehenden Angebot und lassen alle Kinder weiter kommen (z.B. Aargau) und die dritten legen bestimmte Personalkategorien fest, die ihre Kinder noch bringen dürfen (z.B. Zürich), geben aber keine Auskunft darüber, wer nun für die Elternbeiträge aufkommt.

Dazu kommen die Aufrufe vieler Kantone, die Eltern sollten die Kinder doch nach Möglichkeit «freiwillig» aus der Kita nehmen. Das führt zu der widersprüchlichen Situation, dass Eltern von Kita-Kindern, welche den behördlichen Empfehlungen folgen, zwar keinen Lohnersatz erhalten (da die Einrichtungen ja offen sind), eventuell auch keinen Lohn (da sie ihre Kinder betreuen müssen), aber dennoch Elternbeiträge zahlen sollten. Das ist für viele Eltern finanziell gar nicht möglich.


Für die Kitas haben die Empfehlungen zur Folge, dass sie einen stark verminderten Betrieb bei gleichbleibenden Kosten haben, und nach und nach auch die Elternbeiträge wegfallen. Die Kurzarbeitsentschädigungen können das nur teilweise auffangen.

Wir sind klar der Meinung: Die familienergänzende Kinderbetreuung hat bei der Bewältigung der Pandemie eine wichtige Aufgabe, und Bund und Kantone sind in der Verantwortung – auch finanziell. Die Schweiz würde massiv Schaden nehmen, wenn am Ende der Corona-Krise das Krippenangebot aufgrund von Konkursen und Schliessungen massiv ausgedünnt wäre. Elternbeiträge müssen daher dort, wo sie wegfallen, von der öffentlichen Hand übernommen werden und die Subventionen müssen aufrechterhalten werden auch dort, wo die Kinder nicht mehr gebracht werden.


Überbrückungskredite helfen den Einrichtungen in dieser Situation nicht weiter, da die jetzt entfallenden Beträge nicht durch spätere höhere Einnahmen wettgemacht werden können. Es braucht daher umfassende Defizitgarantien bzw. Beiträge à fonds perdu.


Das Personal in den Betreuungseinrichtungen ist verunsichert, hat Angst und wird von der Politik alleine gelassen. Die vom BAG vorgegebenen Schutzbestimmungen sind in Kinderkrippen nicht einhaltbar, man kann kleine Kinder nicht aus zwei Metern Distanz betreuen und ist daher einer höheren Ansteckungsgefahr ausgesetzt. Auch hier sind die Forderungen des VPOD klar: die Gruppengrössen müssen verkleinert werden und die Ängste des Personals dürfen nicht unter den Teppich gekehrt werden. Wir verweisen hier auf den Notfallplan, der gestern von der Gruppe Trotzphase vorgelegt wurde. Wir fordern, dass nicht nur Risikopersonen nach Vorgaben des Bundes, sondern alle Personen über 60 sowie Schwangere zu vollem Lohn sofort freigestellt werden müssen.


Wir bitten das BSV und die Sozialdirektorenkonferenz daher, so schnell wie möglich einen runden
Tisch in Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern einzuberufen, um die Herausforderungen im vorschulischen Kinderbetreuungsbereich gemeinsam anzupacken. Dies auch als Zeichen des Respekts gegenüber dem Personal.


Mit freundlichen Grüssen
Natascha Wey Katharina Prelicz-Huber
Zentralsekretärin VPOD Präsidentin VPOD